IGEP e.V.: Kulturabend am 10.3.2023

Blick nach Norden – unser Nachbarland Thüringen

Kulturabend

Schon im letzten Jahr gab es nach der Corona-Zeit wieder erste Kontakte mit den Partnerschaftsfreunden in Polen, Tschechien, Thüringen, im Elsass und in der Normandie. Doch der Gerbrunner Partnerschaftsverein IGEP begnügt sich nicht mit gegenseitigen Besuchen; er möchte mit seinen „Kulturabenden“ genauere Kenntnisse der Geschichte und der politisch-gesellschaftlichen Situation seiner befreundeten Gemeinden vermitteln und ein tieferes Verständnis für ihre Besonderheiten wecken. Nicht nur IGEP-Mitglieder besuchen deshalb gerne die Kulturabende. Der letzte dieser Art fand Mitte März dieses Jahres statt, die Kulturbühne war nahezu voll besetzt. Thema: Thüringen.

In diesem Bundesland liegt Themar, in 1,5 Stunden von Gerbrunn aus leicht zu erreichen. Mit der Stadt an der Werra wurde nach der Wende, noch vor der politischen Wiedervereinigung, die erste Gerbrunner Partnerschaft geschlossen.

Vier Referenten hatten sich gut vorbereitet, um zu ihrem Thema Interessantes, Unbekanntes und Unterhaltsames zu sagen, und stellten Orte, Landschaften und Persönlichkeiten Thüringens vor.

Kulturabend L.Thein

Lilo Thein, erfahrene Reiseleiterin und Begleiterin auf IGEP-Fahrten mit unvergesslichen Führungen in französischen Kathedralen, sprach über das Eichsfeld mit seiner für mitteldeutsche Regionen typischen Geschichte , z.B häufige Machtwechsel in kurzer Zeit. Heute gehören Teile des Eichsfelds zu Niedersachsen ( Duderstadt) , andere zu Thüringen (Heiligenstadt, Worbis,Mühlhausen). Der „Eiserne Vorhang“ trennte es nach dem Zweiten Weltkrieg , die einen lebten in der DDR, die anderen in der Bundesrepublik Deutschland. Gemeinsam blieb den beiden Teilen der katholische Glaube seiner Bewohner in Ost und West. „Auch heute noch liegt die Zahl der regelmäßigen Kirchgänger weit über dem Bundesdurchschnitt“, so Lilo Thein mit einer gewissen Anerkennung.

Vier berühmte Persönlichkeiten, die aus Thüringen stammen, wurden näher beleuchtet: Tilmann Riemenschneider aus Heiligenstadt, der durch seine Werke in Würzburg berühmt wurde. Theodor Storm, der sein späteres Leben in Husum an der Nordseeküste verbrachte. Heinrich Heine, nach dem die Universität in Düsseldorf benannte wurde. Und Wilhelm Busch, „für mich der Wichtigste, zumindest als Kind“, so Thein in ihrer freundlichen Art.

Kulturabend C.Konrad

Dr.Christiane Konrad machte ihre Zuhörer mit Friedrich Fröbel (1782 - 1852) aus Bad Liebenstein bekannt, mit dem sie sich in ihrer wissenschaftlichen Ausbildung intensiv befasst hat. Er ist der Begründer des ersten „Kindergartens“, eine Bezeichnung, die als Lehnwort wie kaum ein anderes deutsches Wort in andere Sprachen übernommen wurde. Kulturabend C.Konrad Konrad zitierte markante Passagen von Fröbel, insbesondere aus seinem Hauptwerk „Die Menschenerziehung“ (1826). „Lasst uns unseren Kindern leben“, schrieb Fröbel, der Gartenarbeit mit den Kindern empfahl, Ball- und Würfelspiele erfand und das Prinzip der Selbsttätigkeit betonte. Christiane Konrad stimmte ein Lied an, das Publikum sang mit und spürte, um was es dem Kindergarten-Erfinder Fröbel ging. Auf der Würzburger Sieboldshöhe ist vom Siedlerverein ein „Fröbelstein“ aufgestellt worden.

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Kulturabend I.Köhler

Ingelore Köhlers Geburtsort Altenburg war dann an der Reihe. Wenige Tage vor der Besetzung der Stadt durch russische Truppen konnte ihre Familie Anfang 1945 fliehen und sich im Emsland niederlassen. Nicht nur Skatspieler wissen, dass das beliebte Kartenspiel – Kenner sagen, das vor allem in Bayern verbreitete Schafkopf-Spiel sei geradezu banal im Vergleich mit Skat – in Altenburg Anfang des 19.Jahrhunderts erfunden wurde. Es gibt dort einen Skatbrunnen,24 Mio Kartenspiele aus Altenburg wurden im Jahr 2022 verkauft, ein Skatgericht befindet über umstrittene Spielausgänge und hat zu tun, jährlich findet ein Skat-Kongress statt. Kulturabend I.Köhler In Altenburg – nach der Wende entschieden seine Bürger, nicht mehr zu Sachsen, sondern zu Thüringen gehören zu wollen - wird allerdings nicht nur Skat gespielt: Man erinnert an Luther, der häufig zu Besuch kam, die Reformation wurde bereits vor Veröffentlichung seiner Thesen in Altenburg eingeführt. Johann Sebastian Bach hat dort die Orgel gespielt. Es gab einmal 28 Fabriken, darunter auch eine Nähmaschinenfabrik. Diese hatte bis weit in DDR-Zeit hinein Bestand. Das erste Brockhaus- Lexikon erschien in Altenburg, das im Zweiten Weltkrieg kaum Zerstörungen erlebte und deshalb eine phantastische Altstadt vorweisen kann. Heute findet sich eine Bürgerinitiative nicht damit ab, dass Altenburg – die Zahl seiner Einwohner hat sich durch Abwanderung ziemlich verkleinert - zu einer Hochburg einer sehr weit rechts stehenden Partei mit hohen Wahlergebnissen wird . Der „Spiegel“ hat dieses Bemühen „Optimismus im Osten“ genannt.

Kulturabend M.Römhild

Michael Römhild, Museumsleiter in der Stadt Hildburghausen, zeichnete ein anschauliches Bild einer berühmt gewordenen Tochter seiner Stadt: Therese Charlotte Luise wurde Anfang des 19.Jh. die (evangelische) Frau des späteren (katholischen) bayerischen Königs Ludwig I. Die Theresienwiese in München ist nach ihr benannt. Thereses Heirat war gut für Bayern: die Protestanten wie auch etwas später die Juden erlangten zu ihrer Zeit im sehr katholischen Bayern mehr Anerkennung, Freiheiten und Rechte. Therese hielt an ihrer Ehe fest, obwohl ihr Mann längst anderen Frauen nachlief (Lola Montez). In Hildburghausen lebten und schrieben die heute nicht mehr so bekannten deutschen Dichter Jean Paul (Roman „Titan“) und Friedrich Rückert. Kulturabend M.Römhild Der in Hildburghausen ansässige Buchverlag Meyer gab 1839 sein berühmt gewordenes Lexikon heraus. Eine von 1796 bis 1856 erschienene „Groschenbibliothek“ hatte sich die Bildung des einfachen Volkes zum Ziel gesetzt. Seit 1991 findet in Hildburghausen parallel zum Münchner Oktoberfest das „Theresienfest“ statt. Römhild lud seine Zuhörer herzlich zum Besuch ein.

Ein Zuhörer machte in der folgenden Diskussion auf die kaum zu überschätzende Bedeutung der thüringischen Städte Erfurt , Gotha und Eisenach für die deutsche Arbeiterbewegung aufmerksam.

Reichen Beifall löste der 1.IGEP-Vorsitzende Prof.Dr. Michael Straßburg aus, als er den vier Vortragenden für ihre kurzweiligen Ausführungen dankte.

Die Kulturbühne machte an diesem Abend ihrem Namen alle Ehre !

R.Kies




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